TOP LEADER nimmt das Gemeindepaket unter die Lupe

Mit teilweise spektakulären Wortmeldungen, jedoch ohne Nennung der politischen Parteien.
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Digitalisierungsministerin Margarete Schramböck.
Digitalisierungsministerin Margarete Schramböck.

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„Wir wollen Ländern und Gemeinden die nötigen Mittel zur Verfügung stellen, um volkswirtschaftliche Anreize zu setzen“, lautete Ende Mai die Vorgabe von Finanzminister Gernot Blümel. „Daher haben wir dieses Gemeindepaket auf den Weg gebracht. Es hat das Volumen von einer Milliarde Euro und wir unterstützen damit bereits laufende aber auch zukünftige Investitionen.“, Das Gemeindepaket in Höhe von einer Milliarde Euro fördert Investitionen bis zu 50 Prozent und umfasst u.a. die Errichtung und Sanierung von Kindergärten, Schulen, Seniorenheimen und Sportstätten sowie Investitionen in den öffentlichen Verkehr, Maßnahmen der Energieeinsparung, Errichtung erneuerbaren Energieerzeugnisanlagen und den Ausbau des Breitbandnetzes. Zudem sind auch Sanierungen, etwa in Kirchen oder Museen umfasst. Mindestens 20 Prozent der Mittel sollen für ökologische Maßnahmen verwendet werden. Der Zeitraum läuft bis zum 31. Dezember 2021. Für die Zuteilung der Mittel wird eine Mischung aus dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel und der Einwohnerzahl herangezogen. So kann beispielsweise die Gemeinde Sillian mit circa 2000 Einwohnern rund 200.000 Euro erhalten und die Stadt Graz zusätzliche Mittel von bis zu 40,5 Millionen.

Investitionen auf kommunaler Ebene werden mit bis zu 50 Prozent Förderquote unterstützt.

Aufgrund der aktuellen Situation ist mit einem großen Einnahmenentfall und in weiterer Folge dem Aussetzen bzw. Verschieben von Investitionsprojekten zu rechnen. Berechnungen des WIFO zeigen, dass die Länder bei den Ertragsanteilen ein Minus von etwa 7,3 Prozent und die Gemeinden für heuer –6,8 Prozent gegenüber der ursprünglichen Planung kalkulieren müssen. Zusammen mit den Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr von 300 Millionen Euro und in die Gewässerökologie von 200 Millionen Euro ergeben sich sogar 1,5 Milliarden Euro, die der Bund in die Regionen investiert.

Bis 31.12.2021 gibt es Geld u.a. auch für Sanierungen (z.B. in Museen).

Ein Blick aufs „Weite Land“

Kritik kommt beispielsweise vom Bürgermeister von Trumau (NÖ.), Andreas Kollross. „Es gibt keine Richtlinien, wie Gemeinden die Hälfte ihrer Investitionen lukrieren können und welche Projekt tatsächlich gefördert werden. Wenn den Kommunen tatsächlich geholfen werden soll, dann ist eine vollständige Abgeltung der entgangenen Kommunalsteuerabgaben und Ertragsanteile des Bundes notwendig. Alles andere ist eine Verteilung von Almosen, wie schon bei den Härtefonds für Familien und Unternehmen.“ Nicht „das Rathaus, die ‚paar‘ Gemeindebediensteten oder Bürgermeister seien in Turbulenzen“. Kollross: „Wir alle nehmen tagtäglich Leistungen in Anspruch, ohne genau zu wissen, dass diese ausschließlich auf der Finanzkraft der Gemeinden und Städte basieren.“ Zu diesen Leistungen zählen Rettung, Feuerwehr, Kindergärten, der Bau und Erhalt von Schulen und Spitälern und die Freizeiteinrichtungen wie Sportplätze, Schwimmbäder oder Büchereien.

Die Regierung habe einen wichtigen Aspekt außer Acht gelassen, sagt die Bürgermeisterin von Schwechat, Karin Baier: „Es wurde die ökonomische Lage der Kommunen nicht berücksichtigt: Viele Gemeinden sind gar nicht in der Lage, ihren Finanzierungsanteil an geplanten Projekten aufzubringen, um die Förderung überhaupt abrufen zu können.“ Sie weist darauf hin, dass in vielen Gemeinden mit dem Entgang der Kommunalsteuerabgaben eine wichtige Einnahmequelle wegbreche. Baier spricht von „veritablen Einbußen“ für ihre Stadt: „Das ist dramatisch, weil wir die vergangenen fünf Jahre Millionen gespart haben, um jetzt investieren zu können.“ Doch auch in Schwechat stehen jetzt der Umbau des Sportplatzes und die Vergrößerung der neuen Mittelschule auf der Kippe.

In Schwechat bestehen 90.000 Arbeitsplätze durch den Wirtschaftsfaktor Flughafen, am Flughafen selbst arbeiten 25.000 Arbeitnehmer pro Tag. „Hier ist es wichtig, so viele Arbeitsplätze wie möglich zu sichern, um die Einnahmen der Gemeinden zu stabilisieren“, erklärt Baier. „Jeder weiß, dass den Gemeinden in diesem Jahr in Summe österreichweit zwei Milliarden Euro fehlen, um Investitionen zu tätigen, Unternehmen Aufträge zu erteilen und damit Arbeitsplätze in den Regionen zu schaffen.“

„Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit wirken sich direkt auf die Kommunalsteuer aus“, sagt Peter Frühberger, Bürgermeister in Seefeld-Kadolz im Weinviertel. Noch härter trifft es Gemeinden in strukturschwachen Regionen wie etwa im Wald- oder Weinviertel, die sehr stark von Ertragsanteilen abhängig sind, „weil es dort nur eine Handvoll Arbeitsplätze gibt“. Während die Einnahmen wegbrechen, sinken die Ausgaben nicht. Kinderbetreuerinnen müssen weiter voll bezahlt werden, während viele Gemeinden keine Elternbeiträge mehr einheben. Auch die Kosten der Gemeinden für Sozial- und Krankenanstalten werden durch die Krise eher ansteigen.

Ein Blick in den Süden

Aufgrund der Erfahrungsberichte der Bürgermeister leiden die Kärntner Gemeinden – biblisch ausgedrückt – unter zehn Plagen: dem Entgang von Einnahmen, Sinken der Kommunalsteuer, der Belastung durch Umlagen, Hürden der Aufsichtsbehörde, monatelangen Genehmigungsprozessen, dem Kompetenz-Wirrwarr, Einschränkung der freiwilligen Leistungen, außerordentlichen Belastungen in den Einrichtungen, hohem Haftungsrisiko und der Umstellung von Kameralistik auf Doppik.

Dabei sind allein für Kärnten – mit rund 561.000 Einwohnern – im Gemeindepaket fast 63 Millionen Euro vorgesehen (rechnerisch 62,74 Mio.). Aber: „Es bringt nichts, wenn ich einer Gemeinde, die nicht weiß, wie sie in den nächsten Monaten die laufenden Kosten für Kindergärten, Müllabfuhr und Abwasserreinigung begleichen soll, sage, investiert bitte zusätzlich ein paar Millionen von dem Geld, das ihr nicht habt, in Infrastruktur“, sagt die Kärntner Nationalratsabgeordnete Petra Oberrauner. „Und wenn ihr dann den Antrag richtig einreicht, bekommt ihr maximal die Hälfte des Geldes vom Bund zurück. Diese Form der Hilfe werden sich viele Gemeinden zurzeit nicht leisten können!“

Grundsätzlich sei es richtig und zu begrüßen, wenn die Regierung die Städte und Gemeinden mit einem Investitionspaket unterstützen wolle, erklärte die Abgeordnete weiter. Das funktioniere aber erst als zweiter Schritt. Zunächst müssten viele Städte und Gemeinden mit ausreichend Geld versorgt werden, um die laufenden Kosten für viele systemrelevante Dienstleistungen begleichen zu können, so Oberrauner. „Neben einem Investitionspaket muss der Bund daher auch einen Ausgleich für diese massiven Einnahmeausfälle anbieten – und zwar schnell und unbürokratisch – damit die Gemeinden wieder Planungssicherheit erhalten!“ Einen entsprechenden Antrag, der eine pauschale Abgeltung für die Covid-19 bedingten Einnahmenausfälle von 250 Euro pro hauptgemeldetem Einwohner vorsieht, hat Oberrauner mit weiteren Abgeordneten im Nationalrat eingebracht. „Wird unser Antrag angenommen, kann das Geld bereits im Sommer fließen und die Liquidität der Gemeinden und Städte stabilisieren. Das wäre eine rasche und unbürokratische Hilfe für die Kommunen, um wichtige Sozial- und Gesundheitsdienste finanziell abzusichern und die Konjunktur anzukurbeln.“

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